Monday, September 27, 2010

JOHANNES KAKAS DE BUDA UND SEINE HISTORISCHE AUFZEICHNUNGEN




ANDRÁS KUBINYI 

JOHANNES KAKAS DE BUDA UND SEINE HISTORISCHE AUFZEICHNUNGEN 

Das Budapester Historische Museum erwarb sich im Jahre 1965 die 1504-er venezianische Ausgabe der Almanach nova von Stoeffler-Pflaumen, dessen grösster Wert hinsichtlich der Geschichte der ungarischen Hauptstadt die Veröffentlichung des Tagebuches und der historischen Aufzeichnungen von Johannes Kakas, einem Budaer (Ofener) Bürgersohn ist. 
Das Tagebuch selbst — das wir samt den Aufzeichnungen im Anhang veröffentlichen — umfasst die Zeit vom 23. April 1504 bis zum 16 Januar 1513 und ist in lateinischer Sprache geschrieben. Sein Verfasser ist am 6. August 1483 von nach Buda eingewanderten Eltern geboren. Sein aus Slavonien stammender Vater, der Budaer Bürger Michael Kakas ist im Jahre 1498 gestorben, während seine aus einer kleinadeligen Familie des Komitats Fejér stammende Mutter, Ilona Sós im Jahre 1517 noch am Leben war. In seinen Aufzeichnungen befasst sich der Tagebuchschreiber mit den Verwandten seiner Mutter eingehend, so können wir seine Vorfahren, Vettern von mütterlicher Seite kennenlernen, ja wir können sogar ihre Genealogie vergleichen. 
Diese Verwandten von mütterlicher Seite lebten in Alcsut, Felcsut und in dem mit diesen Ortschaften benachbarten Sarvol auf dem Niveau der Kleingrundbesitzer, ja sogar der Bauern, obzwar sie als Adelige die feudalen Vorrechte genossen. Der mütterliche Grossvater der Mutter von Kakas war z. B. Dorfschneider. Für diese Kleinadeligen bedeutete das Lernen, das Betreten einer intellektuellen oder Beamten-Laufbahn die einzige Möglichkeit aus dem Bauernstand emporzukommen. Es ist kein Zufall, dass wir an der Wende des XV — XVI. Jahrhunderts mehrere hiesige Kleinadelige als Gutverwaltungsbeamte im Dienst von Magnaten finden, oder an der Hofgesichte vielleicht unter den an den geistlichen gerichtshőfe beschäftigten Rechtsanwälten. Zu diesen gehörte z. B. Pál Csuti, einer der Onkel der Mutter von Johannes Kakas, und vielleicht trug auch dieser zum intellektuellen Interesse des jungen Kakas bei. 
Zwischen dem Kleinadel und dem städtischen Bürgertum gab es zu dieser Zeit keinen scharfen gesellschaftlichen Unterschied. In der Verwandtschaft der Mutter von Kakas finden wir einen Stuhlweissenburger städtischen Bürger, den adeligen Sarodi Sós István. Selbst Johannes Kakas legte das Doktorat als Adeliger in Padua ab, entweder deshalb weil auch sein Vater ein Adeliger war, oder weil zu dieser Zeit auch der Adelstand der Mutter durch den Sohn noch vererblich war. 
Unser Tagebuchschreiber liess sich noch ganz jung an der Wiener Universität immatrikulieren, wo er sich an der Fakultät Artes den Grad Baccalaureus erwarb. Im Jahre 1504 bezog der 21-jährige junge Baccalaureus die Universität von Krakau, wo er im Jahre 1507 Artium Magister wurde. Gleich danach wurde er, im Alter von 24 Jahren, zu Leiter der Domschule in Eger (Erlan) eingeladen, und obzwar er bald auch ein kirchliches Benefiz als „rector altaris" hatte, leitete er die Schule nur ein Jahr lang. Dann ging er, um weiterzustudieren, nach Italien wo er sieh an der Universität zu Bologna immatrikulieren liess. Er studierte beinahe vier Jahre lang an der berühmten juristischen Hochschule, er verliess jedoch Bologna im September 1511 ohne den Doktorgrad erworben zu haben. Aus späteren Urkunden erfahren wir aber, dass er doch Decretorum Doctor wurde. Seine 



Doktoratsprüfung wurde in die Matrikel der Universität zu Padua am 8. Oktober 1511 eingetragen, es scheint also, dass er sich aus Bologna nach seinem Vaterland heimkehrend in Padua doch mit Erfolg versuchte. Der auf seine Studien in Bologna stolze Kakas verschwieg diesen Umstand in seinem Tagebuch. In seinen Aufzeichnungen weist er zwar auf seine Doktorwürde hin, schreibt aber kein Wort darüber wo er diese erworben hat. Heimgekehrt trat er in den Dienst von György Szatmári, dem Bischof von Pécs und königlichem Kanzler, der den jungen Doktor hochschätzte. Er ernannte ihn zu Domherrn bei dem Domkapitel von Pécs, und später erteilte er ihm eines der ansehnlichsten Benefizien des Domkapitels, das Lektorat. Zuletzt kommt der Name von Kakas in den Quellen im Jahre 1517 vor. 
Die Lebensbahn von Kakas ist unter den hauptstädtischen Bürgerssöhnen nicht typisch. Obzwar viele Söhne des Budaer Patriziats und des Mittelbürgertums die Universität zu Wien oder Krakau besuchten, erwarb sich ein grosser Teil dieser nie einen akademischen Grad, beendete die Studien nicht, sondern ging nur deshalb ins Ausland damit er nach einem 1 — 2 jährigen Aufenthalt als welterfahrener gute Beziehungen besitzender Kaufmann, eventuell als Mitglied des Stadtrates aus seinen Erfahrungen Nutzen ziehe. Der akademische Grad war in Ungarn nicht wichtig. Bei den Zentralbehörden und Gerichten benötigte man vorwiegend im Lande geschulte sogenannte Literati, die in dem einheimischen Gewohnheitsrecht versiert waren, Angestellte mit dem Doktorgrad wurden nur bei den kirchlichen Gerichten oder bei der Königlichen Kanzlei, in diplomatischen Angelegenheiten, beschäftigt. Vor Kakas schwebte diese Laufbahn, und er erreichte sie auch im Dienste des Kanzlers. Wahrscheinlich benötigte er zu seinen Studien auch Unterstützer. Es ist beinahe sicher, dass seine Studien in Bologna vom Kanzler Szatmári unterstützt wurden. Dieser Kaschauer Bürgerssohn Hess mehrere begabte Jungen in Italien studieren, so müssen wir auch Kakas unter diese rechnen. Zu gleicher Zeit wie Kakas studierte dort auch der Neffe des Kanzlers, der Probst Lőrinc Krestschmer, dessen Bruder später Tuchhändler in Buda war. 
Das Tagebuchschreiben ist wahrscheinlich die Folge der Wiener Studien von Kakas, . Cuspinian hat ja sein eigenes Tagebuch in der anderen Ausgabe derselben Kalenders geführt. Kakas schrieb das Tagebuch nicht gleichzeitig mit den Ereignissen, er übernahm die Eintragenden nachträglich aus einem heute schon verlorenen und ,,liber memorialis" genannten autobiographischen Vormerkungsbuch . 

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